Paraty


Geographie

Paraty liegt im Bundesstaat Rio de Janeiro, an der Bahia (Bucht) da Ilha Grande, in der Luftlinie fast genau zwischen Rio de Janeiro und Sao Paulo, den bedeutendsten Städten Brasiliens. Der zerfurchten Küstenlinie des Südatlantiks mit vielen Buchten und Meeresarmen liegen viele kleine Inseln vorgelagert, wodurch günstige Lebensbedingungen für eine vielfältige Meeresfauna entstanden. Unmittelbar hinter der Küste beginnt der Anstieg zu einem bis über 1600 Meter hohen bewaldeten Gebirgsgürtel, der Serra da Bocaina, die sich der Küste entlang zieht und nach Norden hin das Hochland (um die 800 – 1000 m.ü.M) von der Küste abtrennt. Durch das Aufeinandertreffen von Bergen und Küste bildeten sich viele Nischen und ein abwechslungsreiches Klima. Auf dem 23. südlichen Breitengrad gelegen, befindet sich Paraty am Rande der Subtropen. Die Sommer sind sehr heiss, mit starken Gewittern, und die Winter bringen frühlingshafte kühle Temperaturen, die in den Bergen oft die 10°-C-Marke unterschreiten.

Die Küste ist geprägt von schönen Sandstränden und Mangrovengebieten. Die Berge sind bedeckt von der sogenannten Mata Atlantica, dem Atlantik-Tropenwald. Dieser ist Südamerikas zweite Artenschatzkammer, vergleichbar mit dem AmazonasGebiet. Er zog sich einst der ganzen Küste Brasiliens entlang, vom NordOsten bis hinunter nach Argentinien und beherbergte besonders viele endemische Arten von Tieren und Pflanzen. Heutzutage ist in Brasilien bloss noch 7% seiner einstigen Fläche erhalten.

In Paraty, wo die Landwirtschaft in den letzten zwei Jahrzehnten stark zurück gegangen ist, ist die Mata Atlantica wieder auf dem Vormarsch. Einzelne Hölzer allerdings, wie das einst wichtigste Exportgut der Kolonie Brasilien, das Pau Brasil, sind völlig verschwunden und werden ohne menschliche Hilfe kaum mehr zurückfinden.

Geschichte

Paraty ist ein Schnittpunkt in vielerlei Hinsicht. Die kleine (heutzutage allerdings rasch wachsende) Stadt ist von aussergewöhnlicher historischer Bedeutung. Schon in vorkolonialer Zeit hatten die hier ansässigen Guaraní-Indianer von diesem Ort aus Pfade angelegt, um, die Serra Bocaina überwindend, das Hochland zu erreichen. Um 1550 kamen die ersten Portugiesen in die ruhige Bucht der Ilha Grande und errichteten eine kleine Niederlassung dort, wo heute Paraty steht, sowie schon bald einige Fazendas im näheren Hinterland. Der Weg hinauf ins Gebirge wurde schnell zur Eintrittspforte ins Hinterland Brasiliens, das später, von Sao Paulo aus, blutig den Indianern entrissen wurde.

Zur Zeit des brasilianischen Goldrausches war Paraty mit seinem Caminho do Ouro (Pfad des Goldes) die bedeutendste Verladestation des Goldes auf Schiffe einerseits und allen von der explodierenden Goldsucher-Bevölkerung benötigten Ess- und Handelswaren auf Maulesel andererseits. Natürlich wurden dafür hohe Steuern erhoben, vom portugiesischen Königshaus allerdings.

Die Saumkaravanen, Tropas genannt, die aus mehreren Hundert Maultieren bestanden, bildeten für Jahrhunderte das wichtigste Verkehrsmittel Brasiliens. Mit der Errichtung eines direkteren Weges von Rio de Janeiro aus, verlor Paraty den noch eine Weile heiss umkämpften Vorrang. Es fand aber bald wieder zu seiner Bedeutung zurück, indem nun statt des Goldes Kaffee aus dem Hinterland den Caminho do Ouro heruntergesäumt wurde. Die Strasse wurde etwas ausgebaut, denn noch immer passierten täglich mehrere Hundert Maulesel die steil abfallenden Stellen der Serra. Genau wie in den Fazendas in ganz Brasilien waren dafür die Sklaven unentbehrlich. Der Handel mit afrikanischen Sklaven war ein alle andern Krisen überdauernder Standard geworden. In Paraty wurde Dank ihrer Arbeitskraft viel Zuckerrohr und Bananen angebaut. Der Cachaça (Rum) aus Paraty wurde weltbekannt, während das Städtchen sein jetziges Gesicht bekam, mit weissgekalkten Häusern im Kolonialstil und Strassen aus Bollersteinen.

Der zweite Schicksalsschlag Paratys war die Eröffnung einer Eisenbahnlinie zwischen Sao Paulo und den Kaffeeanbaugebieten im Vale do Paraíba, die Paraty nun links liegen liess. Das endgültige Aus bedeutete aber für Paraty die Abolição (da Escravatura), das 1888 nach vielen Jahren nun endgültig durchgerungene Gesetz zur Abschaffung der Sklaverei. Mit einem Schlag verloren die ländlichen Gegenden Brasiliens ihre wichtigsten Arbeitskräfte und die Fazendas konnten ihrer Produktion nicht mehr nachkommen. Während sich andere Gebiete umorientieren konnten, versank Paraty in der Vergessenheit, obwohl 1925 der alte Caminho do Ouro durch eine, allerdings bis heute nur sehr schwer befahrbare, Strasse ersetzt wurde. Die schlechte Zugänglichkeit bewirkte jedoch die Erhaltung des Kolonialstädtchens, dessen Schönheit später erkannt und mittels einer Küstenstrasse von Rio de Janeiro aus wieder erschlossen wurde.

Tourismus und Naturschutz

Paraty ist in vielem vorbildlich für brasilianische Standarts. Während andere Städte ihren historischen Kern geopfert oder verfallen lassen hatten, wurde die schöne koloniale Altstadt Paratys fachgerecht renoviert und ist heute eines der touristischen Vorzeigeschildern Brasiliens. Touristen aus Sao Paulo und Rio de Janeiro kommen gerne, um die Kombination von historischen Bauten, Sandstränden, Wald, Bergen und Wasserfällen zu bewundern. Eine Vielzahl von Pousadas in der Stadt und im Umland kommt der Nachfrage entgegen und ist in der Hochsaison meist ausgebucht. In der Zwischensaison jedoch stehen die meisten von ihnen leer. Zeitlich ausgeglichener ist die Besucherzahl junger Argentinier und weiterer, internationaler Touristen. Da Paraty eine fast europäische Lebensqualität bietet, hat sich eine gute Zahl von wohlhabenderen Zuwanderern aus dem In- und Ausland hier niedergelassen.

Die Stadtentwicklung konzentrisch um die Altstadt wird in berechneten Bahnen gehalten. In vorgezeichneten Quartieren wird verdichtet gebaut. Dadurch behält Paraty trotz seines Wachstums einen kleinstädtischen Charakter. Der Autoverkehr ist erschwert durch die engen Strassen und vielen Strassenschwellen, während für Velos teilweise sogar eigene Wege existieren.

Auch die ländliche Umgebung ist bezüglich Umweltschutz hervorzuheben. Es existiert ein klar definierter Zonenplan, der die Landschaft einteilt. Durch den Tourismusstrom Paratys entstanden viele Arbeitsplätze. Allerdings sind die Standardlöhne auch hier sehr tief, so dass es sich viele Neuzuzüger nicht leisten können , in der Stadt zu leben, wo die Mieten überdurchschnittlich hoch sind. Dadurch entsteht ein hoher Druck auf die Siedlungsgebiete der näheren Umgebung. Der Zonenplan definiert jedoch Siedlungsgebiete und limitiert so (mindestens theoretisch) deren Ausmass. Über die Hälfte von Paratys Gemeindegebiet liegt im Nationalpark Serra da Bocaina, der 1971 gegründet wurde und einen guten Teil der Serra do Mar zwischen Rio und Sao Paulo mit ihrem Atlantiktropenwald schützt. Die meisten der Inseln in der Bucht der Ilha Grande unterliegen besonderen Schutzbedingungen, die vor allem der Meeresfauna, aber auch der natürlichen Landschaft gelten.

Eine weitere, etwas komplizierte Zonierung ist die APA (Area de Proteção Ambiental), ein brasilianisches System von abgestuften Schutzgraden in Gebieten, wo eine menschliche Besiedelung begrenzt schon stattgefunden hat. Die AVEIA liegt in der APA Cairuçu.

Die Gründung der APA Cairuçu wurde 1999 von der Fundação SOS Mata Atlantica und dem IBAMA (Instituto Brasileiro do Meio Ambiente) in die Wege geleitet. Wie alle Apa’s hat sie die grundlegenden Ziele, die Biodiversität zu schützen, die menschliche Besiedlung zu regulieren und einen nachhaltigen Umgang mit den natürlichen Ressourcen zu sichern (siehe Anhang). Das Gebiet wird in drei Hauptzonen unterteilt:

  1. Schutzgebiet mit völligem Schutz von Lebewesen und Landschaftselementen (ZPVS)
  2. Zone der Erhaltung der ländlichen Landschaft (ZCZR), die bewirtschaftet werden darf, aber nur ökologisch, zudem ist der Siedlungsbau meldepflichtig
  3. Siedlungszonen, wo ebenfalls Richtlinien das ländliche Erscheinungsbild schützen

Die AVEIA liegt grösstenteils in der ZCZR, hat aber auch Teile des ZPVS. Die Gesetzgebung betreffend der Zonen (siehe Anhang) passt sehr gut mit den Zielen der AgraDEço zusammen. Eine Zusammenarbeit mit Behörden und in der Region tätigen NGO’s und anderen Gruppierungen wird unbedingt angestrebt.

Offizielle Seite des Area de Proteção Ambiental Cairuçu...

Informationen für Touristen in Paraty (offizielle Seite)...